ÄNDERUNGEN DES GESETZBUCHS FÜR HANDELSGESELLSCHAFTEN (NACHFOLGEND HGGB)

25.10.2022

Am 13. Oktober 2022 trat das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Handelsgesellschaften und einiger anderer Gesetze in Kraft. Er führte eine Reihe von Änderungen des Gesellschaftsgesetzes ein, über die wir bereits in unserem Artikel Holdingrecht und andere Änderungen des Gesetzbuches für Handelsgesellschaften geschrieben haben.

Im Folgenden informieren wir über weitere Änderungen von HGGB, die durch das oben genannte Änderungsgesetz eingeführt wurden.

Verpflichtung zur Protokollierung von Vorstands-bzw. Geschäftsführungsbeschlüssen

Die bisherigen Regelungen sahen keine Verpflichtung zur Protokollierung von Vorstands-bzw. Geschäftsführungsbeschlüssen bei den Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung vor, und der Gesetzgeber ließ diesen Gesellschaften und dem Vorstand bzw. Geschäftsführung in dieser Hinsicht volle Freiheit. Dies hat sich nun geändert, und ab dem 13. Oktober 2022 müssen die Beschlüsse des Vorstandes oder Geschäftsführung in einem Protokoll aufgenommen werden, dies unabhängig davon, ob die Geschäftsführung aus einer oder mehreren Personen besteht. Das Protokoll der Vorstands- oder Geschäftsführungssitzung sollte die Tagesordnung, die Namen der anwesenden Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder und die Zahl der abgegebenen Stimmen für oder gegen einzelne Beschlüsse enthalten. In dem oben genannten Protokoll sollte auch die abweichende Meinung eines Vorstands- bzw. Geschäftsführungsmitglieds, unter Angabe von Gründen, festgehalten werden.

Mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen sowie Praxis und Rechtsprechung ist es derzeit schwierig, eindeutig zu definieren, welche Rechtsfolgen die Nichteinhaltung der Pflichten im Rahmen der Protokollierung der Vorstands-bzw. Geschäftsführungsbeschlüssen nach sich ziehen wird. Es sei jedoch daran erinnert, dass der korrekte Protokollierung von Beschlüssen der Gesellschaftsorgane eine erhebliche Beweiskraft hat – im Falle einer möglichen Streitigkeit, z.B. zwischen der Gesellschaft und einem Vorstandsmitglied oder ehemaligen Vorstandsmitglied, kann ein Problem des Nachweises der Annahme eines bestimmten Beschlusses entstehen, wenn kein angemessenes Protokoll bei Vorstands- bzw. Geschäftsführungssitzungen verfasst wird. Wichtig ist auch der durch die HGGB-Novelle eingeführte Grundsatz, eine abweichende Meinung im Protokoll mit ihrer etwaigen Begründung zu kennzeichnen, da dies im Einzelfall sogar zum Ausschluss der Haftung des Vorstands- bzw. Geschäftsführungsmitglieds für dem Unternehmen zugefügte Schäden führen kann.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass ordnungsgemäß protokollierte Vorstands-bzw. Geschäftsführungsbeschlüsse bestätigen, dass ein bestimmtes Unternehmen alle diesbezügliche gesetzlichen Verpflichtungen erfüllt. Ein solcher Umstand kann sich beispielsweise positiv auf die Gewinnung potenzieller Investoren in der Zukunft auswirken, da er belegt, dass der Vorstand bzw. Geschäftsführung seinen Verpflichtungen ordnungsgemäß und zuverlässig nachkommt.

Am Rande weisen wir noch darauf, dass die oben eingeführte Protokollpflicht die Beschlüsse, nicht aber die Anordnungen des Vorstands bzw. Geschäftsführung betriff, die nur einen exekutiven Charakter haben. Gleichwohl empfehlen wir Ihnen allerdings auch bei Anordnungen des Vorstandes bzw. Geschäftsführung – zu Beweiszwecken – deren schriftliche oder zumindest dokumentarische Form zu wahren.

Die vorstehenden Anforderungen, die sich auf die Protokollierung von Beschlüssen des Vorstandes bzw. Geschäftsführung beziehen, gelten entsprechend für die Protokollierung von Beschlüssen des Aufsichtsrats von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in denen dieses Organ besteht, wobei die diesbezügliche Verpflichtung seit dem 13. Oktober 2022 ebenfalls gilt.

Dabei erinnern wir, dass die Pflicht zur Protokollierung der Organbeschlüsse bereits für einfache Aktiengesellschaften eingeführt worden ist.

Zugang zu Gesellschaftsunterlagen

Mit der aktuellen HGGB-Novelle wurden auch Bestimmungen eingeführt, die den Aktionären oder Gesellschaften von Kapitalgesellschaften den Zugang zum Bericht der Geschäftsführung über die Tätigkeit des Unternehmens, zum Jahresabschluss, und zum Bericht des Aufsichtsrats oder zum Prüfungsbericht erleichtern sollen. Die oben genannten Unterlagen werden dem Aktionär bzw. Gesellschafter auf sein Verlangen hin ausgehändigt, das ab dem Tag der Einberufung der ordentlichen Gesellschafterversammlung an den Vorstand bzw. Geschäftsführung gerichtet werden kann. Die Unterlagen sind dem Aktionär bzw. Gesellschafter unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Arbeitstagen nach dem Datum des Antrags, zur Verfügung zu stellen.

Regel des unternehmerischen Ermessens

Darüber hinaus wurde mit der HGGB-Novelle für Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften die sog. Business Judgement Rule eingeführt, die sich auf die Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern, Vorstands-bzw. Geschäftsführungsmitgliedern und Liquidatoren bezieht. Bislang ist diese Regel noch nicht gesetzlich verankert, wurde aber in der Rechtsprechung bereits angewendet. Diese Vorschrift bezieht sich auf den Ausschluss der zivilrechtlichen Haftung dieser Organmitglieder für Schäden, welche dem Unternehmen zugefügt wurden, sofern sie loyal gegenüber dem Unternehmen und innerhalb der Grenzen eines angemessenen wirtschaftlichen Risikos gehandelt haben.

Dies bedeutet, dass ein Mitglied des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, des Aufsichtsrats und ein Liquidator nicht gegen die sich aus der beruflichen Natur seiner Tätigkeit ergebende Sorgfaltspflicht verstößt, wenn es in Loyalität gegenüber der Gesellschaft, innerhalb der Grenzen eines angemessenen wirtschaftlichen Risikos handelt, darunter auf der Grundlage von Informationen, Analysen und Gutachten, die unter den gegebenen Umständen bei einer sorgfältigen Beurteilung berücksichtigt werden sollten.

Die Business Judgement Rule galt bereits für Vorstandsmitglieder in einfachen Aktiengesellschaften.

Standards der Ausübung von Funktionen in Unternehmensorganen

Eine weitere neue Regelung, die durch die oben beschriebene HGGB- Änderung eingeführt wurde, ist die Einführung von Bestimmungen, die klarstellen, dass ein Mitglied des Vorstands bzw. der Geschäftsführung, des Aufsichtsrats oder des Prüfungsausschusses in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und einer Aktiengesellschaft, bei der Ausübung seiner Pflichten eine Sorgfalt, die sich aus dem beruflichen Charakter seiner Tätigkeit ergibt, und die Loyalität gegenüber dem Unternehmen wahren muss. Auch hier wurden die genannten Normen bereits früher für die Mitglieder der Organe von einfachen Aktiengesellschaften eingeführt.

Die Novelle verpflichtet ferner die oben genannten Mitglieder der Organe von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften auch nach Ablauf ihres Mandats zur Wahrung von Betriebsgeheimnissen.

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